“Ich werde es hoffentlich stets ablehnen, Menschen überzeugen zu wollen. Man kann nur versuchen, ihnen die Möglichkeiten zu zeigen, aus denen sie wählen können. Schon das ist anmaßend genug, denn wer kennt die Möglichkeiten, die der andere hat? Der andere ist nicht nur der Mitmensch, sondern auch der ganz andere, den man niemals erkennen kann. Außer. man liebte ihn.”

Alfred Andersch

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“Freunde ergänzen einander, ergänzen heißt ganz machen, um das nötig zu haben, muß man beschädigt sein, aber wenn man es nötig hat, so kann man auch niemand brauchen, der auf dieselbe Art beschädigt ist, sondern jemand, der andere Schäden aufweist. Die Freunde füllen die Lücken, komplementär, sie holen auf, was einem fehlt, sie tun, was man versäumt hat, Verwandte tun das nicht, oder wenn, dann nur zufällig.”


“Das Leben hat a priori keinen Sinn. Ehe Sie leben, ist das Leben nichts; es liegt bei Ihnen, ihm einen Sinn zu verleihen, und der Wert ist nichts anderes als der Sinn, den Sie wählen.”


“Trotzdem hat jedes Buch neben seiner abstrakten, anonymen Bestimmung, die Öffentlichkeit heißt, einen bekannten Leser, eine oder mehrere Personen, an die man das Buch schreibt, weil das die einzige Art und Weise ist, wie man etwas zum Ausdruck bringen kann, was man sagen, enthüllen möchte, oder weil man etwas geben möchte, was man auf keine andere Art und Weise geben kann, oder weil dies das Beste ist, was man zu geben hat. "Dabei ist es gar nicht mal so wichtig, ob der bekannte Leser das Buch auch tatsächlich liest", sage ich zu Ischa, "es ist eher die Vorstellung von der Person, die du beim Schreiben benötigst.”


“Je mehr Süchte man hat, desto weniger ist man in der Lage, die Wahrheit über sich selbst zu erkennen. Die große Kunst besteht aber nicht in der Suche nach der Wahrheit, sondern darin, sie ertragen zu lernen, darum geht es.”


“[D]as System des Herrgotts ist stets das Gegenteil dessen, was sich die Menschen vorstellen, und, hier ganz im Vertrauen, ich finde, anders könnte der Herr gar nicht bestehen, das seinem Munde am meisten entquellende Wort ist nicht Ja, sondern Nein, Immer hörte ich sagen, der Teufel sei der Geist, der stehts verneint, Mitnichten, meine Tochter, der Teufel ist der Geist, der sich selbst verneint...”


“Warum wollen gewisse Oppositionen nicht gedeihen? Lediglich aus dem Grunde, weil sie die Bahn der Sittlichkeit oder Gesetzlichkeit nicht verlassen wollen. Daher die maßlose Heuchelei von Ergebenheit, Liebe usw., an deren Widerwärtigkeit man sich täglich den gründlichsten Ekel vor diesem verdorbenen und heuchlerischen Verhältnis einer »gesetzlichen Opposition« holen kann. – In dem sittlichen Verhältnis der Liebe und Treue kann ein zwiespältiger, ein entgegengesetzter Wille nicht stattfinden; das schöne Verhältnis ist gestört, wenn der Eine dies und der Andere das Umgekehrte will. Nun soll aber nach der bisherigen Praxis und dem alten Vorurteil der Opposition das sittliche Verhältnis vor allem bewahrt werden. Was bleibt da der Opposition übrig? Etwa dies, eine Freiheit zu wollen, wenn der Geliebte sie abzuschlagen für gut findet? Mit nichten! Wollen darf sie die Freiheit nicht; sie kann sie nur wünschen, darum »petitionieren«, ein »Bitte, bitte!« lallen. Was sollte daraus werden, wenn die Opposition wirklich wollte, wollte mit der vollen Energie des Willens?”