“Vielleicht gibt es ja gar keine tollen, wunderbaren Menschen. Und wir reden es uns für eine kurze Weile nur ein, dass der oder der toll und wunderbar ist, damit wir einen Grund haben, uns in ihn zu verlieben. Sozusagen ein Alibi für die Liebe.”
“Natürlich ist ein Selbst viel umfassender als der innere Erzähler. Die Insel des selbst-bewussten Geschichtenerzählers liegt mitten in einem Meer von Unbewusstem, über das wir nichts wissen, nie etwas wissen werden oder das wir vergessen haben. Es gibt vieles in uns, das wir nicht beherrschen oder wollen, aber das bedeutet nicht, dass es unwichtig wäre, eine Erzählung für uns selbst zu finden. In der Sprache bilden wir den Lauf der Zeit so ab, wie wir ihn empfinden – das Es war, es ist, es wird sein. Wir abstrahieren, denken und erzählen. Wir ordnen unsere Erinnerungen und verknüpfen sie miteinander und diese Bruchstücke bekommen einen Besitzer: das autobiographische Ich, das nicht ohne ein Du ist. Für wen erzählen wir denn schließlich? Auch allein in unseren Köpfen ist ein vorausgesetzter anderer dabei, die zweite Person unserer Rede.”
“Wir sagen natürlich, die Bullen sind Schweine. Wir sagen, der Typ in Uniform ist ein Schwein, kein Mensch. Und so haben wir uns mit ihnen auseinanderzusetzen. Das heißt, wir haben nicht mit ihm zu reden, und es ist falsch, überhaupt mit diesen Leuten zu reden. Und natürlich kann geschossen werden.”
“Manchmal liest man ein Buch, und es erfüllt einen mit diesem seltsamen Missionstrieb, und du bist überzeugt, dass die kaputte Welt nur geheilt werden kann, wenn alle Menschen dieser Erde dieses eine Buch gelesen haben. Und dann gibt es Bücher [...], über die du mit niemandem reden willst, weil das Buch so besonders und kostbar und so persönlich für dich ist, dass darüber zu reden sich wie Verrat anfühlt.”
“Dieser Hund war ein Killer, und das einzige, was ihn schützte, war eines der vielen durchsichtigen und widersinnigen Vorurteile, für die die amerikanische Oberschicht berühmt ist: nämlich dass die Kinder und Haustiere der Aristokratie gar nicht frei genug sein können und dass sie gar nicht imstande sind, jemandem weh zu tun. Dass es anderen Leuten verboten sein müsste, die Welt zu übervölkern oder ihre Hunde von der Leine zu lassen, dass aber die Hunde und Kinder der reichen Leute ein Recht darauf haben, frei herumzulaufen.”
“Natürlich gibt es sehr viele Menschen, denen das Leben leichter fällt und die scheinbar oder wirklich “glücklicher” sind; es sind die nicht stark Individualisierten, die keine Probleme kennen. Sich mit ihnen zu vergleichen hat für uns andere keinen Sinn; wir müssen unser eigenes Leben leben, und das bedeutet etwas Neues und Eigenes, immer Schwieriges und auch immer Schönes für jeden Einzelnen. Es gibt keine Norm für das Leben, es stellt jedem eine andere, einmalige Aufgabe, und so gibt es auch nicht eine angeborene und vorbestimmte Untauglichkeit zum Leben, sondern es kann der Schwächste und Ärmste an seiner Stelle ein würdiges und echtes Leben führen, und anderen etwas sein, einfach dadurch dass er seinen nicht selbstgewählten Platz im Leben und seine besondere Aufgabe annimmt und zu verwirklichen sucht.”