“Ja, ohne Zweifel würde auch dieser Schmerz, auch diese bittere Not alt und müde werden, auch sie würde er vergessen. Nichts hatte Bestand, auch nicht das Leid.”
“Natürlich gibt es sehr viele Menschen, denen das Leben leichter fällt und die scheinbar oder wirklich “glücklicher” sind; es sind die nicht stark Individualisierten, die keine Probleme kennen. Sich mit ihnen zu vergleichen hat für uns andere keinen Sinn; wir müssen unser eigenes Leben leben, und das bedeutet etwas Neues und Eigenes, immer Schwieriges und auch immer Schönes für jeden Einzelnen. Es gibt keine Norm für das Leben, es stellt jedem eine andere, einmalige Aufgabe, und so gibt es auch nicht eine angeborene und vorbestimmte Untauglichkeit zum Leben, sondern es kann der Schwächste und Ärmste an seiner Stelle ein würdiges und echtes Leben führen, und anderen etwas sein, einfach dadurch dass er seinen nicht selbstgewählten Platz im Leben und seine besondere Aufgabe annimmt und zu verwirklichen sucht.”
“Die Einsamkeit des Künstlers, überhaupt des begabten Menschen, halte ich für unvermeidlich, einerlei, ob einer Glück und Erfolg hat oder nicht. Ebenso begreiflich und im Grund richtig scheint mir, daß der Begabte, der Mensch mit Phantasie, diese Einsamkeit möglichst dissimuliert. Denn so unvermeidlich es ist, daß der Mann mit Talent früher oder später die öde, traurige Beschränktheit des Durchschnittsmenschen bemerkt, so sehr muß er sich gegen diese Einsicht wehren, weil sie am Ende zu einer Lieblosigkeit und Menschenverachtung führen würde, die er auch nicht ertrüge. Aber die große, oft eisige Einsamkeit des Künstlers oder Denkers inmitten der Dutzendmenschen ist, ob verheimlicht oder nicht, immer da, sie ist der Preis, den wir dafür zahlen, daß wir vor jenen manches voraus haben.”
“Wenn mir Musik die Seele bewegte, dann verstand ich ohne Worte doch alles, fühlte in der Tiefe alles Lebens reine Harmonie und glaubte zu wissen, daß ein Sinn und schönes Gesetz in allem Geschehen verborgen sei. Wenn es auch eine Täuschung war, ich lebte doch darin und war darin beglückt.”
“Du hattest ein Bild vom Leben in dir, einen Glauben, eine Forderung, du warst zu Taten, Leiden und Opfern bereit – und dann merktest du allmählich, daß die Welt gar keine Taten und Opfer und dergleichen von dir verlangt, daß das Leben keine heroische Dichtung ist, mit Heldenrollen und dergleichen, sondern eine bürgerliche gute Stube, wo man mit Essen und Trinken, Kaffee und Strickstrumpf, Tarockspiel und Radiomusik vollkommen zufrieden ist. Und wer das andere will und in sich hat, das Heldenhafte und Schöne, die Verehrung der großen Dichter oder die Verehrung der Heiligen, der ist ein Narr und ein Ritter Don Quichotte.”
“Damit hing auch sein Bedürfnis nach Einsamkeit und nach Unabhängigkeit zusammen. Nie hat ein Mensch ein tieferes, leidenschaftlicheres Bedürfnis nach Unabhängigkeit gehabt als er. In seiner Jugendzeit, als er noch arm war und Mühe hatte, sein Brot zu verdienen, zog er es vor, zu hungern und in zerrissenen Kleidern zu gehen, nur um dafür ein Stückchen Unabhängigkeit zu retten.”