“Allen Westberlinern war gemeinsam, dass sie nur selten den Ostteil der Stadt besuchten. Der Eintritt nach Ostberlin war mit fünfundzwanzig D-Mark einfach zu teuer. Zwar erhielt man im Gegenzug fünfundzwanzig Ostmark, aber es fand sich weit und breit keine Möglichkeit, das Ostgeld auszugeben. An der Grenze wurde man unhöflich behandelt und wenn man bis Mitternacht nicht wieder zurück war, musste man nochmal fünfundzwanzig Mark bezahlen.”

Jakob Hein

Jakob Hein - “Allen Westberlinern war gemeinsam, dass...” 1

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“Die Sache mit dem Sündenbock funktionierte wirklich, als noch religiöse Kraft dahinterstand. Man lud dem Ziegenbock die Sünden der Stadt auf und trieb ihn hinaus, und die Stadt war gereinigt. Es funktionierte, weil alle, einschließlich der Götter, wussten, wie das Ritual zu verstehen war. Dann starben die Götter, und plötzlich musste man die Stadt ohne göttliche Hilfe reinigen. Statt Symbolen waren richtige Taten gefragt. Der Zensor war geboren, im römischen Sinn. Wachsamkeit hieß die Parole: Die Wachsamkeit aller allen gegenüber. Reinigung wurde ersetzt durch Säuberungsaktionen.”

J. M. Coetzee a
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“Wie rau der Morgen war. So weiß, so kühl gegen das sanfte Violett der Nacht; so harsch und bloß nach den reich gekleideten Träumen. So unnachsichtig klar, wie Glassplitter auf der nackten Haut, wenn sie noch weich und verwundbar war unter den Laken. So herzzerreißend licht, wenn man sterben musste.”

Lilach Mer
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“Es war der Purpurne, der Ausgleich schaffte zwischen den Brüdern der ersten Brut. Er wusste um das Feuer in ihren Herzen und sorgte sich, dass ein Streit sie alle entzweien würde. So bat er die Alben, ihm Kinder zu erschaffen, die den Schleier der Zukunft zerreißen sollten, damit er jeden Streit schlichten könne. Und die Alben schenkten ihm die Xana. Nymphen, schön wie ein Sommertag, mit langem, goldenem Haar und einem Leib, so vollkommen, dass man den Blick nicht von ihnen abwenden konnte. Doch waren sie launisch wie ein Gebirgsbach im Frühling, mal sanft und friedlich, mal wild und überschäumend. Und sie sagten alles, was sie sahen, wenn sie in die Zukunft blickten, denn groß war ihre Gabe, doch Weisheit war ihnen nicht beschieden worden.”

Bernhard Hennen
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“Aber er fragte sich auch, wohin man geraten mochte, wenn man an der Verlässlichkeit seines eigenen Verstandes zu zweifeln begann. Wonach sollte man sich richten, wenn nirgends eine greifbare Wegmarke den Horizont in messbare Abschnitte gliederte? Das würde sein, als ritte man ohne Weg und Ziel über die grenzenlose Steppe, und selbst dort gab es ja noch das ewig kreisende Muster der Gestirne, das dem Kundigen die Richtung wies, wenn er bereit war, sich den Gesetzen ihrer Bewegung anzuvertrauen. Was aber, wenn diese Lichtpunkte einmal ihre geregelte Bahn verlassen sollten? Wer sagt einem, dass sie dies nicht schon längst getan hatten, ohne dass man es hätte merken können?”

Hans Bemmann
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“Es ist immer wieder das gleiche Kribbeln, wenn man einen neuen Besitzer hat. Es ist aufregend. Auch nach all diesen Jahren. So viele Hoffnungen knüpfen sich daran, selbst wenn man sich geschworen hat, diesmal wirklich nichts zu erwarten. Sie trug mich hinaus in den Frühlingstag, und ich war wieder wer.”

Anne Helene Bubenzer
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