“Immer wenn ich traurig bin versuche ich an Fotoalben zu denken. Immer wenn ich daran zweifle, ob es gut, dass ich existiere, dann blättere ich in meinem Geiste all die Fotoalben durch, Fotoalben verschiedenster Menschen aus verschiedensten Ländern, in denen zufällig und ohne dass diese Menschen Notiz davon nehmen würden, ein Foto klebt, auf dem ich zu sehen bin...Wenn mich also tiefe Traurigkeit überkommt, denke ich daran, dass natürlich auch ich unzählige Fotos besitze, auf denen Leute zu sehen sind, mit denen ich nicht das geringste zu tun habe, von denen ich nicht weiß, durch was für ein Leben die gehen. Ob der eine vorübergehend, weil es gerade nicht anders geht, bei den Eltern seiner Freundin leben muss, und jetzt mit ihnen durch die Innenstadt spaziert. Ob eine gerade durch Wirtschaftsexamen gefallen ist und jetzt verzweifelt nach Hause geht. Ob eine, der in seinem Heimatland ein Experte für die Fischart Rotauge ist, jetzt gerade mit seinen deutschen Bekannten in einem Café sitzt und sie in die Welt der Rotaugen einweiht. Plötzlich befindet sich diese Person mit ihrem kleinen, um sie kreisenden Universum in unmittelbare Nähe von mir und meinem kleinen um mich kreisenden Universum, just in dem Augenblick, in dem der Auslöser eines Fotoapparates betätigt wird. Sicher sind auch wir fotografiert worden. Zusammen. Irgendwo in einer Schachtel befindet sich ein Foto von Tanja und mir, auf unserer merkwürdigen Reise in Norden. Ich weiß nicht genau warum, aber ich habe die Vorstellung, dass solche Fotos existieren, immer als sehr tröstlich empfunden. Wo immer man auch ist auf dieser Erde, man kann unmöglich verloren gehen.”