“Ein Schmetterling setzt sich auf meinen Handrücken, breitet die Flügel aus. Sie sind hellviolett und zittern leicht. Wunderschön in der Morgensonne. Ganz vorsichtig lege ich meine Hand über den Schmetterling und wünsche mir etwas. Es fühlt sich an, als hätte ich meine Lebensglück auf dem Handrücken. Bitte von ganzem Herzen. Puste den Schmetterling zart an und sehe ihm hinterher, wie er in die Freiheit fliegt.”
“Der Glaube an Gott ist ein Sichöffnen, ein Loslassen, ein tiefes Vertrauen, eine bedingungslose Liebe – aber manchmal war es so schwer zu lieben. Manchmal sank mein Herz vor Wut, Verzagtheit und Erschöpfung so tief, dass ich befürchtete, es würde bis ganz hinab auf den Grund des Pazifiks sinken und ich würde es nie wieder heraufziehen können. In solchen Augenblicken versuchte ich mir Mut zu machen. Ich fasste mir an den Turban, den ich mir aus den Überresten meines Hemds gewunden hatte und rief: „DAS IST GOTTES HUT!“Ich fuhr mir über meine Hosen und rief: „DAS SIND GOTTES KLEIDER!“Ich wies auf Richard Parker und rief: „DAS IST GOTTES KATZE!“Ich wies auf das Rettungsboot und rief: „DAS IST GOTTES ARCHE!“Ich breitete meine Arme weit und rief: „DAS SIND DIE GÖTTLICHEN GEFILDE!“Ich hob den Finger zum Himmel und rief: „DAS IST GOTTES OHR!“Auf diese Weise rief ich mir ins Gedächtnis, was die Schöpfung war und wo ich meinen Platz darin hatte.”
“Was auch um mich herum geschah, nie hatte ich das Gefühl, irgend etwas davon hätte mit mir zu tun. Die ganze Zeit über hielt ich gewissermaßen den Atem an und wartete auf meinen Einsatz, wartete auf die entscheidenden Worte, die fallen mussten, damit ich hinter dem Vorhang hervor auf die Bühne treten und mitspielen konnte. Aber das Leben ging weiter und weiter, die Worte fielen nicht, und die Jahre sammelten sich an wie Dreck und Laub in einer Regenrinne.”
“All diese Sterne mit ihren Planeten sind mein. Dieser ganze unfassbare Roman ist der Bereich, in dem mein Wille geschieht und mein Wort Gesetz ist. Aber Macht, wirkliche Macht ist niemals Macht über Dinge, nicht einmal über Sonnen und Planeten. Macht ist immer nur Macht über Menschen. Und meine Macht ist nicht nur die Macht der Waffen und der Gewalt; ich habe auch Macht über die Herzen und die Gedanken der Menschen. Billionen und aberbillionen von Menschen leben auf diesen Planeten, und sie gehören alle mir. Keiner von ihnen verbringt einen Tag ohne einen Gedanken an mich. Sie verehren mich, sie lieben mich; ich bin der Mittelpunkt ihrer aller Leben. Er sah Jubad an. Niemals zuvor war ein Reich größer als das meine. Niemals zuvor hat ein Mensch mehr Macht gehabt als ich.”
“Aus dem Spiegel schaute mich ein Gesicht an; obgleich ich es zeit meines Lebens jeden Morgen sah, konnte ich mich immer noch nicht an seine ausgeprägte Hässlichkeit gewöhnen, wie ich mich auch nicht an den fremden und ungezähmten Blick meiner eigenen Augen gewöhnen konnte. Wenn ich über mich nachdachte, über Gefühle, die ich empfand, über Dinge, die ich, wie mir schien, besonders gut begriff, sah ich mich immer als etwas beinahe Abstraktes, denn die andere, visuelle Erinnerung war mir lästig und unangenehm. Die besten, lyrischsten oder schönsten Visionen verflüchtigten sich im Nu, sobald mir mein körperliches Erscheinungsbild in den Sinn kam - dermaßen krass war das Missverständnis zwischen ihm und der fiktiven und funkelnden Welt, die in meiner Phantasie erstanden war”
“Ein Junge und ein Mädchen liegen auf dem Boden, vor sich die Dachschräge. Sie konzentriert sich auf den Jungen, der aus dieser Entfernung so aussieht, als wäre er in ihrem Alter. Und selbst aus dieser Entfernung kann sie erkennen, dass das Buch, aus dem er ihr vorliest, "Das Buch der Begebenheiten" ist.Der Junge schläft ein, und das Mädchen legt den Kopf auf seine Brust. Brod will mehr hören - sie will schreien: LIES MIR WEITER VOR! ICH MUSS ES WISSEN! -, aber sie können sie von dort, wo sie ist, nicht hören, und von dort, wo sie ist, kann sie die Seite nicht umblättern. Die Seite - Brods papierdünne Zukunft - ist, von dort, wo Brod ist, unendlich schwer.”