“Warum wollen gewisse Oppositionen nicht gedeihen? Lediglich aus dem Grunde, weil sie die Bahn der Sittlichkeit oder Gesetzlichkeit nicht verlassen wollen. Daher die maßlose Heuchelei von Ergebenheit, Liebe usw., an deren Widerwärtigkeit man sich täglich den gründlichsten Ekel vor diesem verdorbenen und heuchlerischen Verhältnis einer »gesetzlichen Opposition« holen kann. – In dem sittlichen Verhältnis der Liebe und Treue kann ein zwiespältiger, ein entgegengesetzter Wille nicht stattfinden; das schöne Verhältnis ist gestört, wenn der Eine dies und der Andere das Umgekehrte will. Nun soll aber nach der bisherigen Praxis und dem alten Vorurteil der Opposition das sittliche Verhältnis vor allem bewahrt werden. Was bleibt da der Opposition übrig? Etwa dies, eine Freiheit zu wollen, wenn der Geliebte sie abzuschlagen für gut findet? Mit nichten! Wollen darf sie die Freiheit nicht; sie kann sie nur wünschen, darum »petitionieren«, ein »Bitte, bitte!« lallen. Was sollte daraus werden, wenn die Opposition wirklich wollte, wollte mit der vollen Energie des Willens?”

Max Stirner

Max Stirner - “Warum wollen gewisse Oppositionen nicht...” 1

Similar quotes

“Was für ein Schlag, wenn das Herz eines Menschen mit so etwas fertig werden muss!Wer einen Bruder verliert, der verliert jemanden, mit dem er gemeinsam alt werden konnte, jemanden, der ihm eine Schwägerin, Nichten und Neffen bescheren sollte, Menschen, die den Baum eines Lebens bevölkern und ihm neue Zweige geben sollen.Den Vater zu verlieren heißt den zu verlieren, der dem Leben die Richtung gibt, denjenigen, zu dem man geht, wenn man in Not ist, der einen trägt und erhält, wie ein Stamm die Äste eines Baumes trägt.Und wenn man die Mutter verliert, das ist, als verlöre man die Sonne am Himmel.”

Yann Martel
Read more

“Ein Junge und ein Mädchen liegen auf dem Boden, vor sich die Dachschräge. Sie konzentriert sich auf den Jungen, der aus dieser Entfernung so aussieht, als wäre er in ihrem Alter. Und selbst aus dieser Entfernung kann sie erkennen, dass das Buch, aus dem er ihr vorliest, "Das Buch der Begebenheiten" ist.Der Junge schläft ein, und das Mädchen legt den Kopf auf seine Brust. Brod will mehr hören - sie will schreien: LIES MIR WEITER VOR! ICH MUSS ES WISSEN! -, aber sie können sie von dort, wo sie ist, nicht hören, und von dort, wo sie ist, kann sie die Seite nicht umblättern. Die Seite - Brods papierdünne Zukunft - ist, von dort, wo Brod ist, unendlich schwer.”

Jonathan Safran Foer
Read more

“Sie wollen pflanzen für die Ewigkeit, Und säen Tod? Ein so erzwungnes Werk Wird seines Schöpfers Geist nicht überdauern. Dem Undank haben Sie gebaut - umsonst Den harten Kampf mit der Natur gerungen, Umsonst ein großes königliches Leben Zerstörenden Entwürfen hingeopfert. Der Mensch ist mehr, als Sie von ihm gehalten.(...) Gehn Sie Europens Königen voran. Ein Federzug von dieser Hand, und neu Erschaffen wird die Erde. Geben Sie Gedankenfreiheit.(...) Sehen Sie sich um In seiner herrlichen Natur! Auf Freiheit Ist sie gegründet - und wie reich ist sie Durch Freiheit! Er, der große Schöpfer, wirft In einen Tropfen Thau den Wurm und läßt Noch in den todten Räumen der Verwesung Die Willkür sich ergötzen - Ihre Schöpfung, Wie eng und arm! Das Rauschen eines Blattes Erschreckt den Herrn der Christenheit - Sie müssen Vor jeder Tugend zittern. Er - der Freiheit Entzückende Erscheinung nicht zu stören - Er läßt des Uebels grauenvolles Heer In seinem Weltall lieber toben - ihn, Den Künstler, wird man nicht gewahr, bescheiden Verhüllt er sich in ewige Gesetze; Die sieht der Freigeist, doch nicht ihn. Wozu Ein Gott? sagt er: die Welt ist sich genug. Und keines Christen Andacht hat ihn mehr, Als dieses Freigeists Lästerung, gepriesen.(...) Weihen Sie Dem Glück der Völker die Regentenkraft, Die - ach, so lang - des Thrones Größe nur Gewuchert hatte - stellen Sie der Menschheit Verlornen Adel wieder her. Der Bürger Sei wiederum, was er zuvor gewesen, Der Krone Zweck - ihn binde keine Pflicht, Als seiner Brüder gleich ehrwürd'ge Rechte. Wenn nun der Mensch, sich selbst zurückgegeben, Zu seines Werths Gefühl erwacht - der Freiheit Erhabne, stolze Tugenden gedeihen - Dann, Sire, wenn Sie zum glücklichsten der Welt Ihr eignes Königreich gemacht - dann ist Es Ihre Pflicht, die Welt zu unterwerfen. (Marquis von Posa; 3. Akt, 10. Szene)”

Friedrich von Schiller
Read more

“Wir leben noch in der Nähe der Zeit, in der das Wesen der Dinge wie ein dunkler Brunnen in der Finsternis hervorsprudelt und wir alles erahnen können. Wir betreiben nur Wahrsagerei. Wir raten und wägen die Dinge mit ihren vielen Gesichtern ab, bis wir nichts mehr unterscheiden können. Und was ist mit jenen, die erst in weit entfernter Zukunft leben werden, in Epochen, die man sich nicht vorstellen kann? Sie werden Wahrsagerei betreiben. Sie werden noch unsicherer und noch mehr auf Wahrsagerei und Raterei angewiesen sein als wir. Wer aber weniger sicher ist, vergnügt sich damit, Sicherheit zu erfinden.”

Salim Barakat
Read more

“Er erlebte die Stadt wie einen Wald. Er dachte: Sie liegt nicht auf einer Insel, sie ist die Insel. Sie ist nicht in eine Landschaft gebaut, sondern ist die Landschaft. Eine Landschaft von steinerner Vegetation, die den Menschen nicht gehört, in die sie erst Schneisen schlagen und in der sie ihre Wohnungen erst begründen müssen. Die Schneisen und Wohnorte können von der Vegetation auch wieder eingeholt und überwuchert werden. Manchmal stieß er auf abgerissene Häusergevierte, Trümmergrundstücke, Fassaden mit leeren oder vermauerten Türen und Fenstern – wie vom Krieg verwüstet, und weil es keinen Krieg gegeben hatte, wie von der Natur ergriffen. diesmal nicht der wuchernden des Waldes, sondern der wütenden eines Erdbebens. Und wie wachsende Kristalle die hochstrebenden neuen Bauten.”

Bernhard Schlink
Read more