“Es gibt nur eine Art und Weise, eine andere Kultur zu verstehen. Sie zu leben. In sie einzuziehen, darum zu bitten, als Gast geduldet zu werden, die Sprache zu lernen. Irgendwann kommt dann vielleicht das Verständnis. Es wird dann immer wortlos sein. In dem Moment, in dem man das Fremde begreift, verliert man den Drang, es zu erklären. Ein Phänomen erklären heißt, sich davon entfernen.”
“Jedes Volk, das sich an einer von der europäischen Naturwissenschaft festgesetzten Notenskala messen lässt, steht immer als Kulturverbund höherer Affen da.Das Notengeben ist sinnlos. Jeder Versuch, die Kulturen nebeneinander zu stellen, um zu bestimmen, welche davon am höchsten entwickelt ist, führt immer nur dazu, daß die westliche Kultur noch einen weiteren beschissenen Versuch unternimmt, den Haß auf ihren eigenen Schatten auf andere zu projizieren.Es gibt nur eine Art und Weise, eine andere Kultur zu verstehen. Sie zu _leben_. In sie einzuziehen, darum zu bitten, als Gast geduldet zu werden, die Sprache zu lernen. Irgendwann kommt dann vielleicht das Verständnis. Es wird dann immer wortlos sein. In dem Moment, in dem man das Fremde begreift, verliert man den Drang, es zu erklären. Ein Phänomen erklären heißt, sich davon zu entfernen. Wen ich anfange, mit mir selber oder anderen von Qaanaaq zu reden, habe ich fast wieder verloren, was nie richtig mein gewesen ist.”
“(…) und ich möchte Sie, so gut ich es kann bitten, Geduld zu haben gegen alles Ungelöste in Ihrem Herzen und zu versuchen, die Fragen selbst lieb zu haben, wie verschlossene Stuben und wie Bücher, die in einer fremden Sprache geschrieben sind. Forschen Sie jetzt nicht nach den Antworten, die Ihnen nicht gegeben werden können, weil Sie sie jetzt nicht leben könnten. Und es handelt sich darum, alles zu leben. Leben Sie jetzt die Fragen. Vielleicht leben Sie dann allmählich, ohne es zu merken, eines fernen Tages in die Antworten hinein.”
“Ich spüre das Unwissen immer wieder als eine Not; und daraus entsteht dann der ziellose Wissensdrang, aus dem keine Idee wird, weil er eben keinen 'Gegenstand' hat, mit dem er 'übereinstimmen' könnte. - Aber dann gibt vielleicht ein einzelnes Ding etwas zu verstehen und setzt so den 'Geist des Anfangs'; und es kann ernst werden mit dem Studieren, das doch bei aller sonstigen Beschäftigung eine Sehnsucht geblieben war."Peter Handke: Die Lehre der Sainte-Victoire. Frankfurt am Main 1984, S. 28.”
“Es ist sehr nett, verheiratet zu sein. Man muss nur wissen, dass zwei Menschen niemals ein Herz und eine Seele haben können. Sie bleiben immer zwei Leute, zwei Herzen. Es kommt nur darauf an, angenehm nebeneinander zu leben und doch nie allein zu sein.”
“Ein Ungeheuer, das sich manchmal weigerte. sich wie ein Ungeheuer zu verhalten. Wenn ein Ungeheuer aufhörte, sich wie ein Ungeheuer zu verhalten, hörte es dann auf, ein Ungeheuer zu sein? Wurde es zu etwas anderem?”
“Siebenunddreißig Jahre habe ich daran gearbeitet, genau das zu vermeiden. Systematisch habe ich das einzige in dieser Welt geübt, das lernenswert ist. Verzichten. Ich habe aufgehört, auf irgend etwas zu hoffen. Wenn praktizierte Demut zur olympischen Disziplin erklärt wird, komme ich in die Nationalmannschaft.Ich habe nie Nachsicht mit dem Liebeskummer anderer Leute gehabt. Ich hasse ihre Schwäche. Ich sehe, wie sie jemanden finden, am Ende des Regenbogens. Ich sehe, wie sie Kinder kriegen und einen Silver-Cross-Royal-Blue-Kinderwagen kaufen, in der Frühjahrssonne auf dem Stadtwall spazierengehen, mich herablassend anlachen und denken, arme Smilla, sie weiß nicht, was ihr entgeht, sie weiß nicht, wie das Leben für uns ist, wie das ist, wenn man ein Baby und ein verbrieftes Recht aufeinander hat.Vier Monate später gemütliches Beisammensein in der alten Geburtsvorbereitungsgruppe. Ferdinand hat einen kleinen Rückfall, legt auf einen Spiegel ein paar Bahnen aus, sie findet ihn draußen auf der Toilette, wo er mit einer der anderen frohen Mütter rammelt, und in einer Nanosekunde ist sie von der großen, stolzen, souveränen, unverletzlichen Mama auf einen geistigen Gnom reduziert. Mit einer einzigen Bewegung fällt sie auf mein Niveau und darunter und wird zu einem Insekt, einem Regenwurm, einem Skolopender.Und dann werde ich hervorgeholt und abgestaubt, dann darf ich mir anhören, wie schwer es ist, nach der Scheidung alleinstehende Mutter zu sein, wie sie sich in die Haare geraten sind, als sie die Stereoanlage teilen wollten, wie ihre Jugend von dem Kind aufgesogen wird, das jetzt eine Maschine ist, die sie auffrißt und nicht wieder zurückgibt.Das habe ich mir nie anhören wollen. Was zum Teufel habt ihr euch eigentlich vorgestellt, habe ich gesagt. Glaubt ihr vielleicht, ich redigiere einen Kummerkasten für Frauen? Glaubt ihr, ich bin ein Tagebuch? Die Telefonseelsorge?Eines ist auf Schlittenreisen streng verboten, und das ist Winseln. Jammern ist ein Virus, eine tödliche, infektiöse, epidemische Krankheit. Ich will das nicht hören. Ich will mich von diesen Orgien emotionaler Kleinlichkeit nicht belämmern lassen.”