“Der sprachlose PapageiEin Kaufmann einen Papagei vor Jahrenbesaß, in Sang und Rede wohl erfahren.Der saß als Wächter an des Ladens Pforteund sprach zu jedem Kunden kluge Worte.Denn wohl der Menschenkinder Sprache kannt er,doch seinesgleichen Weisen auch verstand er.Vom Laden ging nach Haus einst sein Gebieterund ließ den Papagei zurück als Hüter.Ein Kätzlein plötzlich in den Laden sprang,um eine Maus zu fangen; todesbang,flatterte hin und her der Papageiund stieß ein Glas mit Rosenöl entzwei.von seinem Hause kam der Kaufmann wiederund setzte sorglos sich im Laden niederund stieß das Rosenöl allüberall,im Zorn schlug er das Haupt des Vogels kahl.Die Zeit verstrich, der Vogel sprach nicht mehr.Da kam die Reu´, der Kaufmann seufzte schwer.Raufte sich den Bart und rief: "Weh mir umsponnenist mit Gewölk die Sonne meiner Wonnenn!Wär mir, da auf den Redner ich den bösenSchlag ausgeführt, doch lahm die Hand gewesen!"Wohl gab er frommen Bettlern reiche Spende,auf daß sein Tier die Sprache wiederfände;umsonst! Als er am vierten Morgen klagend,in tausend Sorgen, was zu machen sei,daß wieder reden mög´sein Papagei,ließ sich mit bloßem Haupt ein Büßer blicken,den Schädel glatt wie eines Beckens Rücken.Da hub der Vogel gleich zu reden anund rief dem Derwisch zu: "Sag lieber Mann,wie wurdest Kahlkopf du zum Kahlen? sprich!Vergossest du vielleicht auch Öl wie ich?"Man lachte des Vergleichs, daß seine Lageder Vogel auf den Derwisch übertrage.”

Rumi

Rumi - “Der sprachlose PapageiEin Kaufmann einen Papagei...” 1

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“Doch am meisten von allem lernte er, als der Sommer sich neigte, den Müßiggang zu lieben, Müßiggang nicht mehr als Strecken der Freiheit, die heimlich hier und da unfreiwilliger Arbeit abgeknapst wurden, gestohlene Augenblicke der Freude, wenn er mit von den Fingern baumelnder Gabel vor einem Blumenbeet auf der Fersen hockte, nein, Müßiggang als Hingabe seiner selbst an die Zeit, eine Zeit, die langsam wie Öl von Horizont zu Horizont über das Angesicht der Welt floß, die seinen Leib überspülte, in seinen Achselhöhlen und Leisen kreiste, die seine Augenlider bewegte. Er war weder erfreut noch verärgert, wenn es zu arbeiten galt, es war dasselbe.”

J.M. Coetzee
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“Der Menschensohn strich fast zärtlich über das Doppelblatt der Waffe und bewunderte die verschlungenen Elfenknoten, die es schmückten. “Schöne Arbeit.” Mandred wandte sich zu seinem Sohn. “So sieht die Waffe eines Mannes aus.” Er wollte sie Ollowain zurückgeben, doch dieser schüttelte nur den Kopf. “Ein Geschenk, Mandred. In der Welt der Menschen sollte man stets auf Ärger gefasst sein. Ich bin gespannt zu sehen, ob du mit der Axt besser kämpfst als mit dem Schwert.”

Bernhard Hennen
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“Wenn jemand eine Weide schöner findet als eine Buche, ein Schwein hässlicher als eine Kuh, einen Geier bösartiger als ein Eichhörnchen, dann hat das mit uns Menschen zu tun, mit der Geschichte des Blicks, mit den Büchern, Gemälden, Filmen, mit den Worten und den Bildern, mit den Behauptungen, die der Mensch über die Natur aufgestellt hat, und damit, wie er die Natur abgebildet hat, früher und heute.”

Connie Palmen
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“Ich gehe rüber zur Tauentzienstraße, ein Pappschild unter dem Arm, das ich am Europacenter anschlage wie einst Luther seine Thesen in Wittenberg. Dort stehe ich, und kann nicht anders. Ein paar Leute bleiben stehen und sehen sich an, was das auf dem Pappschild steht. "Das Romanische Café" steht da, "ist die Stätte der höchsten intellektuellen Verfeinerung und der tiefsten sozialen Ignoranz; die Stätte anekdotische Selbstbefriedigung, wo Aphorismen aufeinander Jagd machen, kopulieren und kleine Witze in die Welt setzen. Das Romanische Café ist die Stätte, wo jedes normale Wort in den Verdacht gerät, dem Unterbewusstsein einer Amöbe entsprungen zu sein; die Stätte, wo Friedrich Gundelfinger den Finger verlor und daher nicht auf den jungen Journalisten namens Joseph Goebbels deuten konnte, der mit bösem Lächeln und einem kleinen Notizblock auf den Knien zu Füßen des zelebrierten und entfingerten Gundolf saß. Das Romanische Café ist die Stätte, wo Pegasus mit Aperçus gefüttert wurde, bis er nicht mehr krauchen konnte…"Ein Herr mit Pfeife bleibt eine Weile vor dem Pappschild stehen."Das mit Goebbels ist mir neu". Sagt er und bläst mir Pfeifenrauch ins Gesicht.”

Peter Fürst
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“In die Natur hineingehen und in dieser Natur ein- und ausatmen und in dieser Natur nichts als tatsächlich und für immer Zuhause zu sein, das empfände er als das höchste Glück. In den Wald gehen, tief in den Wald hinein, sagte der Burgschauspieler, sich gänzlich dem Wald überlassen, das ist es immer gewesen, der Gedanke, nichts anderes, als selbst Natur zu sein.”

Thomas Bernhard
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