“Ich hoffte inständig, daß es sich bei Modern Talking um eine Eintagsfliege handeln würde. In Anbetracht der schlechten Songs gab es da durchaus Hoffnung. Aber auch die nächsten Singles dieser beiden Typen stürmten die Charts, und ich verstand die Welt nicht mehr. Warum kauften im Westen so viele Leute die Musik von Thomas und Dieter? Die hatten doch eine riesige Auswahl an superguten Platten in den Geschäften. Warum immer wieder Modern Talking? Der Albtraum ging weiter. Selbst im DDR-Radio lief einige Zeit später "Cherry, Cherry Lady". Die Mauer, die uns vor den schädlichen Einflüssen des Westens beschützen sollte, hatte schon damals total versagt.”
“Nun riskierten wir, etwas aufs Maul zu bekommen von den zahlreichen Faschos in ihren Begrüßungsgeld-Bomberjacken und von besoffenen Helmut-Kohl-Fans mit den "Allianz für Deutschland"-Plastebeuteln.Viele von ihnen riefen im Sprechchor "Wie sind stolz, Deutsche zu sein".Wir fragten uns, worauf sie denn eigentlich stolz wären. Auf die Alpen oder den Thüringer Wald? Die hatten die Natur geschaffen. Auf Goethe oder Schiller? Ja haben die Schreihälse an deren Werken etwa mitgeschrieben? Daß sie in einem deutschen Land geboren wurden, war doch purer Zufall, dafür hatten sie doch überhaupt nichts getan. Eigentlich kann man doch nur auf etwas stolz sein, das man selber geschaffen hat.Ich zum Beispiel war auf meine Depeche-Mode-Postersammlung stolz, denn dafür hatte ich echt geschuftet. Auf unsere erste Parole-Emil-Kassette war ich auch mächtig stolz, denn die hatten wir ganz alleine gebastelt. Auf Deutschland wollte ich nicht stolz sein. Das war mir viel zu abstrakt.”
“Früher wusste man (oder vielleicht ahnte man es), dass man den Tod in sich hatte wir die Frucht den Kern. Die Kinder hatten einen kleinen und die Erwachsenen einen großen. Die Frauen hatten ihn im Schoß und die Männer in der Brust. Den hatte man, und das gab einem eine eigentümliche Würde und einen stillen Stolz.”
“Im Grunde genommen geht es immer noch um den Satz, den ich damals auf meinen Gaderobespiegel geschrieben habe und dessen Ende weggewischt hatte: "Ich passe auf mich auf, aber falls mir etwas passieren sollte..."Die Sache ist die, dass man das nicht einfach wegwischen kann. Falls man nicht gerade beschlossen hat, blind und feig durchs Leben zu gehen, muss man eine Antwort finden auf die Frage, wie dieser Satz weitergehen soll. Und man kann die Frage, was man sich wünscht für die Zeit nach seinem Tod, nicht beantworten, ohne sich darüber im Klaren zu sein, was man sich wahrhaft wünscht für die Zeit davor.”
“Wir sollten uns um die kümmern, die uns wichtig sind und die einen guten Kern haben.Das muss eine der Maximen im Leben sein, und der Teufel tritt die in den Allerwertesten, die nicht danach handeln.”
“Die Bücher habe ich nach und nach gekauft von dem Geld, das ich mir Stundengeben verdiente. Viele davon antiquarisch, alle Klassiker zum Beispiel, ein Band kostete eine Mark und zwanzig Pfennig in steifem, blauem Leinen. Ich habe sie vollständig gekauft, denn ich war gründlich, bei ausgewählten Werken traute ich den Herausgebern nicht, ob sie auch das Beste genommen hatten. Deshalb kaufte ich mir "Sämtliche Werke". Gelesen habe ich sie mit ehrlichem Eifer, aber die meisten sagten mir nicht recht zu. Um so mehr hielt ich von den anderen Büchern, den moderneren, die natürlich auch viel teurer waren. Einige davon habe ich nicht ganz ehrlich erworben, ich habe sie ausgeliehen und nicht zurückgegeben, weil ich mich von ihnen nicht trennen mochte.[…]Ich bin aufgeregt; aber ich möchte es nicht sein, denn das ist nicht richtig. Ich will wieder diese stille Hingerissenheit, das Gefühl dieses heftigen, unbenennbaren Dranges verspüren, wie früher, wenn ich vor meine Bücher trat. Der Wind der Wünsche, der aus den bunten Bücherrücken aufstieg, soll mich wieder erfassen, er soll den schweren, toten Bleiblock, der irgendwo in mir liegt, schmelzen und mir wieder die Ungeduld der Zukunft, die beschwingte Freude an der Welt der Gedanken wecken; – er soll mir das verlorene Bereitsein meiner Jugend zurückbringen.”
“Warum wimmelt es nicht von Büchern, die Hohn und Spott über diese jämmerliche Welt, das sinnlose All, die gewalttätige, niederträchtige Menschheit ausgießen und die ganzen lumpigen Zustände der Lächerlichkeit preisgeben? Merkwürdig, Millionen von Menschen sterben jedes Jahr mit diesen Gefühlen im Herzen. Weshalb schreibe ich nicht so ein Buch? Weil ich eine Familie zu ernähren habe. Deshalb.”