“Ich hatte nicht den Verstand verloren! Mein Hirn wurde nicht in zwei Hälften gerissen. Ich würde mein weiteres Leben nicht in einer Zelle mit sehr weichen Wänden verbringen müssen. Das war soweit erfreulich.”
“Ich hatte gleich wieder geglaubt, den Verstand verloren zu haben! Meine Hypochondrie nahm langsam bedenkliche Ausmaße an - ich sollte vielleicht einmal einen guten Kopfdoktor konsultieren. Herrje!”
“Eines Tages betrachtete mein Freund sein Bild im Spiegel. Sah zu, wie perfekt sein Spiegelbild seine Grimassen und Verrenkungen nachmachte, wie vollkommen es die Wirklichkeit imitierte. Und er dachte: Ich will so werden wie dieses Wesen im Spiegel. Ich will genauso gut das Leben imitieren können. Ich will genauso einsam sein."Der Schattenkönig verstummte für einen Augenblick."Klingt so, als ob dein Freund kurz davor war, den Verstand zu verlieren", rutschte es mir heraus. "So, als ob er mal den Kopfdoktor konsultieren sollte."Der Schattenkönig lachte schrecklich."Ja, das dachte er auch manchmal. Aber die Krankheit erreichte nie dieses gnädige Ausmaß, das ihm den Aufenthalt in einer geschlossenen Anstalt eingebracht und die Arbeit erspart hätte. Zum Irren langte es nicht ganz. Nur zum Dichter.”
“Mein Freund erkannte tatsächlich, daß es so nicht weiterging, wenn er nicht in einer Zwangsjacke enden wollte. Er sah ein, daß er sich mehr den weltlichen Dingen zuwenden mußte. Also verließ er seine Wahngebäude, ließ sie zu wunderschönen Ruinen verfallen, die er nur noch selten aufsuchte. Und er konzentrierte sich nun auf das, was ihn umgab.”
“Aber was interessiert mich der Schnee von morgen? Ich bin mit der Bewältigung und Vergangenheit so gut ausgelastet, dass ich nicht auch noch wissen muss, was mir in der Zukunft blüht.”
“Mein rastloses Gehirn dachte sich in jeder Nacht neue Qualen und Todesarten für mich aus - wieso eigentlich? Warum ist man nicht Herr im eigenen Hirn, findet nicht mal im Schlaf seine Ruhe? Wieso wird man unausgesetzt von absurden Ängsten gepeinigt, wenn die Wirklichkeit doch meist harmlos und friedfertig ist?”
“Ich wollte meine Augen öffnen, um Gideon ein letztes Mal anzusehen, aber ich schaffte es nicht."Ich liebe dich, Gwenny, bitte verlass mich nicht", sagte Gideon, und das war das letzte, was ich hörte, bevor ich von einem großen Nichts verschluckt wurde.”